Diskussionsbeteiligung zum Battle-Rap

Auf Facebook fand ich gerade einen Artikel von Falk Schacht wo er den Umgang mit Gruppenbezogener Diskriminierung im Battle-Rap zur Diskussion stellt.

Hier erst einmal das Statement von Falk Schacht (Hawkeye) und weiter unten noch mein Beitrag!

“KOLUMNE: DON’T CALL ME NIGGER – WHITEY

Ich bin zur Zeit Jury Mitglied im VBT Splash Battle. Ein Rap Battle der über Videos ausgeübt wird. In einem Rap Battle geht es darum möglichst “effektiv” seinen Gegner zu beleidigen. WAS dabei als “effektiv” empfunden wird muss jeder selber wissen.

Die einen finden es über krass wenn einer “Hurensohn” sagt. Die anderen finden es kreativlos, weil es schon Kinder auf dem Schulhof sagen können. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte davon.

Während der gutbürgerliche Durchschnitt unserer Gesellschafft schon von einem schwachen Rap Battle entsetzt wäre, fängt die Schmerzgrenze bei uns HipHoppern wesentlich später an. Wir sind auf eine gewisse Art und Weise abgestumpft was Beleidigungen betrifft.

Und HipHop Battles bringen uns bei immer noch einen drauf zu setzen. Das bedeutet Automatisch, das man irgendwann in den Bereich kommt wo es richtig, richtig eklig wird.

Rückblende:
Vor ca. 14-15 Jahren wurden die Alben von Westberlin Maskulin veröffentlicht. Kool Savas und Taktloss hauen ohne Ende Punchlines raus. Beide benutzen dabei auch sehr gerne das Wort “Nigger” in ihren Texten. Taktloss mit afrikanischen Wurzeln und Kool Savas mit osmanischen Wurzeln.

Das Wort “Nigger” wurde daraufhin von vielen Battlerappern in ganz Deutschland aufgegriffen und benutzt. Das gefiel vielen schwarzen Rappern nicht, und man versuchte sogar in Einzelgesprächen die Rapper die das Wort benutzten davon abzubringen.

Um 2001 herum gab es dann das Projekt Brothers Keepers. Eine Supergroup bestehend aus mehr als 20 der populärsten schwarze HipHopper in Deutschland. Sie setzten ein Zeichen gegen Rassismus. Die meisten populären Battlerapper hörten auf das Wort zu benutzen. Was auch immer ihre Entscheidung beeinflusst hat.

Gegenwart:
Im VBT Splash Rap Battle gab es einige Runden in denen das Wort “Nigger”, von einer völlig neuen Generation von Battlerappern benutzt wurde.

In der Jury sitze nicht nur ich. In der Jury sitzt auch der anerkannte Rapper, und für seine Battle Leidenschaft bekannte, Rhymin Simon. Ein Urgestein der Berliner Szene.
In seinem Jury Kommentare stellte er folgende interessante Frage:

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Rhymin Simon:

Falk, hilf mir. War da jetzt Nazi-Scheiße in der DollarJohn Hinrunde oder nicht? Ich bin echt zu müde, und Du weißt es eh besser. Meiner Meinung nach ist im Battle alles erlaubt. Titten-Penis-Arsch-Lines? Klar. Mütterficken? Sowieso.

Alles was direkt gegen den Gegner geht, muss gesagt werden. Okay, vielleicht sollte man auch immer etwas aufpassen wie man es sagt, aber alles geht. Aber Lines die gegen komplette Volksgruppen oder ganze Religionen und so weiter zielen, sind ziemlich schwierig.

Da geht nicht alles, da sollte man keine Grenzen überschreiten. Macht ja auch keinen Sinn. Außer, man ist etwas bescheuert oder will schockieren, weil man es anders nicht kann. Falk, hilf mir – wo ist die Grenze?
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Ein anderes Jury Mitglied, der von Tape TV bekannte Journalist Selcuk “Ayranmaiden” Erdogan, nahm folgende Stellung dazu ein.

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Selcuk “Ayranmaiden” Erdogan:

Zunächst einmal möchte ich erklären, dass ich für mich persönlich entschieden habe, dass – ab kommender Runde – ich das Einsetzen der N-Bombe negativ bewerten werde. Warum das so ist, sollte man eigentlich nicht noch erklären müssen, ich werde es weiter unten aber dennoch tun.

Warum erst ab kommender Runde? Glaubt dieses Jury-Mitglied irgendeinen Impact auf die Rapper zu haben? Nein, nicht wirklich, aber ich wollte es fair machen, fair ansagen, was von mir in der Sache zu erwarten ist. Ich glaube an das “each one, teach one”-Motto. Es gibt objektiv betrachtet keinen Grund für weiße, meist mittelständische deutsche Rapper, dieses Wort in ihre Texte einzubauen.

Es gibt darüber hinaus auch seit Jahren die Debatte, ob es für schwarze Rapper gut ist, wenn sie es tun, doch dass das im Endeffekt was anderes ist, erübrigt sich an dieser Stelle ebenfalls auszuführen. Für mich gehört es auch nicht zum Battlen dazu, denn es gibt so viel andere Wörter oder Vergleiche, die man nutzen kann, die man gut flowen kann, die den Gegner (was bei dem N-Wort ja noch nichtmal der Fall sein soll) treffen.

Es ist nach wie vor – ja, auch 2013 – weiterhin rassistisch motiviert, mit allem was dazu gehört. Dem offensichtlich Rassistischem, sowie dem schwelenden Rassismus. Ganz banal gesagt: Wenn ihr es stylemäßig nicht schafft, eure Raps gehaltvoll zu halten und dieses Wort als Markstein am Ende des Satzes einbauen zu müssen glaubt, dann könnt ihr auch einfach Digger sagen und alles ist okay.

Phonetisch seid ihr damit bei 99%, Übereinstimmung. Ich will nicht einsehen, dass manche meinen, damit irgendeine Art von künstlerischem Ausdruck oder Style zu präsentieren – dem ist nicht so! Und wenn doch, erwarte ich einen dreiseitigen Aufsatz mit einer Abhandlung in der der kulturelle Hintergrund dem eigenen künstlerischen Hintergrund gegenübergestellt wird, inklusive eines Fazits, warum ausgerecht DU das sagen darfst.

Es ist ignorant, es ist verletzend und schließlich dumm. Ich gehe davon aus, dass ich als Jurymitglied auch wegen meiner Art ausgesucht wurde, wegen meiner Haltung zu bestimmten Dingen, daher kann und will ich dieses Thema auch nicht aussparen. Und bitte komme mir niemand mit “aber ich hab auch schwarze Freunde, die haben nix dagegen”….das wäre nämlich so dumm, dafür sollte man noch weniger Punkte geben, wenn man könnte.
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Für mich selber ist das Thema unglaublich Komplex. Zum einen sollte klar sein, das ein weisser das Wort “Nigger” nicht nutzen kann ohne dabei schief angesehen zu werden. Die Gegenargumentation die man sich dann anhören muss ist die Frage, warum es OK ist, wenn ein schwarzer das Wort “Nigger” benutzt ? Die einzige logische Antwort wäre das beide es nicht nutzen sollten.

Jetzt kommen wir in die erweiterte Problemzone.

Wenn Rassistische Äußerungen angeprangert werden, warum lassen wir dann seit Jahren jegliche Form von schwulenfeindlichen, sexistischen und mütterbeleidigenden Sprüchen zu ?

Warum ist das eine akzeptabler als das andere ? Egal wie, am Ende trifft es immer Menschen.

Dazu kommt noch ein Philosophisches Problem. Battlerap ist auch eine Kunst. Und diese Kunst, und die ausübenden Künstler, sollten immer Frei sein. Wie kann man einem Künstler etwas verbieten, ohne die Kunst zu zensieren ?

Das ist auch gerade vor dem Hintergrund von Frei.Wild ein mehr als aktuelles Thema. Auch ich habe meine Sympathie für Kraftklubs Echo Absage bekundet. Wer das genau so sieht, muss sich auch Konsequent gegen die Nutzung des Wortes “Nigger” in Battle Texten richten.

Aber was macht man mit der Homophobie, dem Sexismus und den Müttern im Battle Rap ?

Wie soll Battle Rap funktionieren ohne Grenzen zu überschreiten ? Und wer will diese Grenzen festsetzen, mit welchen Begründungen?

Mich unterhalten Rap Battles unglaublich gut, ich muss lachen, wen einer seinen Gegner in kreativer Form fertig macht. Evtl. sollte ich das mal psychologisch untersuchen lassen, was es ist, das mir so einen Genuss dabei bereitet.

Aber für mich ist es wie Boxen mit Worten, das macht mir spass. Das ist etwas anderes als eine Kneipenschlägerei, was mir keinen spass macht.

Ich finde im Augenblick keine wirkliche Lösung für dieses Dilemma. Und würde das deshalb gerne zur Diskussion stellen.

Gibt es eine Lösung für dieses Problem ?”

Mein Diskussionsbeitrag:

Die Frage nach einer Lösung stellt sich in diesem Bereich einfach und ist schwer zu beantworten. Denn genau wie das Thema bringt es einfach unwahrscheinlich viele Facetten mit sich. Ich bin kein Battle-Rapper und auch nie einer gewesen, allerdings gehört auch der Battle Rap und Freestylebattles zu meiner Jugendlichen Sozialisation und damals wie heute beschäftigt mich dieses Thema. Hier zu sagen das ist eine akzeptable Beleidung und diese geht gar nicht wäre ein ziemlich eindimensionaler, egoistischer und faschistischer Weg und würde vieles ausblenden. Was das N-Wort anbelangt ist ja genug geschrieben wurden und solange es in den Köpfen als Beleidigung angesehen wird steht die Ampel der Verwendung auf Rot. Für mich gilt gleiches für Homophobe Äußerungen in einem beleidigenden Kontext und auch wenn abwertende Bezüge zu Frauen oder Menschen ohne eindeutiges geschlecht hergestellt werden finde ich nicht das dies eine Beleidigung sein darf. Denn damit wird nicht die Person beleidigt und abgewertet sondern eine gesammte Gruppe von Menschen! Eine Beleidigung in dieser Richtung ist deshalb meiner Meinung nach nicht gegeben. Bezogen auf den Battlerap würde der/die Rapper_in mit einer derartigen, angeblichen Beleidigung ja nicht beleidigen. Sein_e Gegner_in empfindet es vielleicht nicht als Beleidigung weil er es für ihn keine darstellt. Er/Sie ist Homosexuell, wird jetzt als Homo bezeichnet, damit setzt ja keine Beleidigung ein! Der/die Künstler_in würde ja nur eine Tatsache spiegeln und damit quasi, um auf den Boxkampf zu kommen, mit runterhängenden Armen da stehen und warten. Er/Sie Battled und beleidigt in dem Moment nicht und hat somit auch in diesem Moment verloren. Denn sich gemeinsam in den Ring stellen und warten ist noch kein Boxkampf und das will niemand sehen und hören!

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3 Kommentare

    1. Der Unterschied ist bekannt. Allerdings war dies nicht Grundtenor der Diskussion sondern nach meiner Auffassung ging es um Alle Arten der Gruppenbezogenen Zuschreibung. Warum ist die Bezeichnung Homo beleidigend? Warum ist Nigga beleidigend? Wenn das Ziel ist einen Menschen zu beleidigen und ihn somit mittels der Rhetorik zu besiegen dann fallen diese Wörter ja wohl raus denn sie beleidigen nicht sondern machen eine Zuschreibung! Ist ein Unterschied!

  1. Ich seh das wie Pudding! Und gerade leider viel zu spät um das noch weiter auszuführen. 😉

    Aber was mich noch brennend interessieren würde welche engagierten Rapper sich damals auf den weg zu Savas und der Mor-Crew machten um ihnen klar zu machen das das so nicht geht.!

    Weiß da jemand Bescheid.?

    Mfg

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